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Donnerstag, 21.09. Sant Pere Pescador - Cadaquès - Sant Pere Pescador:

Mein letzter Radeltag bricht an. An dem langweiligen Strand von Sant Pere Pescador hält mich nicht viel. Ich nutze den Tag, um die bergige Halbinsel zu erkunden, die sich nördlich an den Golf de Roses anschließt. Das Wetter ist gut, es ist nicht zu heiß und etwas windig.

Der Weg durch die Küstenebene bis Vilajuiga verläuft teilweise auf ruhigen Nebenstraßen. Ich komme mit nur wenig Tagesgepäck zügig voran. Hinter Vilajuiga zieht ein herrliches Bergsträßchen in vielen Kurven und mit tollen Ausblicken auf Bucht und Hinterland empor.

Unweit des 670 m hohen Sant Salvadores, des höchsten Berges der Halbinsel, liegt das Kloster Monestir de Sant Pere de Rodes. Von dem alten Gemäuer habe ich einen traumhaften Ausblick auf die nördlich angrenzende Côte Vermeille und dem ins Meer auslaufenden Pyrenäen-Hauptkamm. In der Höhe hat der Wind gut zugelegt und es wird frisch.

Das Rad lasse ich am Kloster stehen und steige einen steilen Pfad durch die dichte Garrigue zur Ruine auf dem Gipfel hinauf. Der Wind bläst mich am Gipfel fast um. Dafür ist der Ausblick auf den tief unten in einem weiten Bogen verlaufenden Golf de Roses beeindruckend.

Am Fuße des Sant Salvadore liegt auf dessen Nordseite das weiße Dorf El Port de la Selva. Es ist zwar etwas diesig heute, dennoch hat das Motiv durchaus Postkartenqualität: die weißen Häuser kontrastieren ebenso mit dem blauen Meer wie die weißen Wolken, die unter dem blauen Himmel dahin ziehen. Das kurvenreiche Band der Straße, welches hinabführt nach El Port, ist vom Gipfel gut erkennbar und steigert meine Vorfreude auf die Abfahrt. Die entpuppt sich dann auch als wahrer Leckerbissen, mit dem ich so nahe an der Costa Brava gar nicht gerechnet habe.

Als ich nach rauschender Abfahrt den Fischerort El Port de la Selva erreiche, sind allerdings schon die "Bürgersteige hochgeklappt", es ist Siesta. Der Fremdenverkehr und die Fischereiwirtschaft scheinen hier gleichermaßen strukturbestimmend zu sein. Die Lage des Ortes in der geschützten Bucht ist für den Hafenbetrieb natürlich gut.

Nach kurzer Rast am Hafen zieht es mich bald weiter, ich habe noch einige Kilometer vor mir. Ich verlasse den Küstenort und radele an der Talflanke aufwärts, bis ich auf der Höhe von etwa 250 m den Rücken der Halbinsel erreicht habe. Von hier führt die Straße mit mäßigem Gefälle direkt nach Cadaquès hinab. Cadaquès scheint beliebt bei Besuchern zu sein, wie der lebhafte Verkehr und die großen Parkplätze am Ortsrand signalisieren.

Die Fischerei scheint hier keine große Rolle mehr zu spielen, Strand und Promenade sind fest in der Hand des Tourismus. Dennoch hat der schön am Strand gelegene Ort Charme. Die weißen Häuser drängen sich dicht gedrängt am Hang um die Bucht. Auf dem Wasser dümpeln zahlreiche Boote auf den Wellen. In Cadaquès endet die in meiner Karte dargestellte Straße. Von hier soll laut Karte nur noch ein unbefestigter Weg um den südlichen Teil der Halbinsel herum führen.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich mich auf den Versuch einlassen soll. Die Zeit ist schon fortgeschritten, die Angaben über die Wegeführung in den Karten sind wenig verlässlich. Sollte ich den Weg nicht finden, müsste ich den gesamten Weg zurückradeln, das würde dann sehr spät.

Am südlichen Ende des Ortes endet die Straße am Wasser, dort geht's nicht weiter. Ein steiler ruppiger Pfad führt kurvenreich den Hang hinauf. Ein verwitterter Radwegweiser lässt erahnen, dass dieser Weg nicht irgendwo im Nichts endet. Mangels alternativer Möglichkeiten versuche ich mein Glück mit diesem Weg.

Der Pfad ist zunächst ziemlich steil, der grobe Schotter macht den Anstieg zum Eiertanz. Tritt für Tritt gewinne ich an Höhe, bis ich etwa wieder die 200 m Höhenmarke erreiche. Hier oben bessert sich die Qualität des Weges und das Rad lässt sich wieder gut manövrieren. Der Ausblick reicht über die Bucht von Cadaquès bis zum nördlich gelegenen Cap de Creus.

Die nächsten Kilometer auf halber Hanghöhe sind etwas für Genießer. Hoch über dem Meer führt der Fahrweg ohne große Höhenunterschiede weiter um die Halbinsel herum. Auf der aussichtsreichen Strecke bin ich mutterseelenallein. Nach fünf Kilometern wird mir klar, warum hier sonst niemand fährt: Eine massive Schranke verhindert die Weiterfahrt für motorisierte Fahrzeuge.

Für das Fahrrad stellt die Schranke jedoch kein Hindernis dar. Nachdem ich das Rad hinüber gehoben habe, gelange ich an eine Wasserquelle. Das passt gut, denn meine Flasche ist fast leer. Nach einem kurzen Erfrischungsstopp führt der Fahrweg abwärts zu einer Bucht. Dort signalisieren mir ein paar Autos, dass der Weg Anschluss an das Straßennetz hat.

Der Weg bis zur Stadt Roses ist allerdings noch weit. Einige Buchten und Höhenrücken muss ich noch überqueren, bis ich wieder in der Zivilisation bin. Hier in der geschäftigen Stadt Roses kaufe ich Proviant ein und düse anschließend im flotten Tempo bei Rückenwind zurück nach Sant Pere.

Erst spät erreiche ich nach einem tollen Abschlusstag auf dem Rad den Zeltplatz. Zu meiner Überraschung hat dort Manni, der Koch von "Sausewind", zuviel Essen gekocht für seine Reisetruppe. Mit mir findet er einen dankbaren Abnehmer für seine kulinarischen Köstlichkeiten. Den Rest des fortgeschrittenen Abends verbringe ich mit einigen Mitgliedern der Reisetruppe und tausche Reiseerlebnisse aus.

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