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Donnerstag, 28.07. Ax les Thermes - Port de Pailhères - Quillan:

Donnerstag, 28.07. Ax les Thermes - Port de Pailhères - Quillan:

Die Nacht war sehr warm. Da ich davon ausgehe, dass das Thermometer auch tagsüber wieder in rekordverdächtige Höhen klettert, breche ich früh auf. Ein ofenwarmes Baguette liefert die Grundlage für den zweithöchsten Pass der Tour, den 2001 m hohen Port de Pailhères. Zunächst muss ich wieder die zwei Kilometer auf der stark befahrenen Route Nationale bis Ax fahren. Im Ort zweigt aber gleich die Passstrasse ab.

Auf waldreicher Strecke steigt die Strasse mit viel angenehmem Schatten nur mäßig an. Mit mir fahren einige Radler los, die kaum Gepäck dabei haben und eher wie Gelegenheitsfahrer aussehen. Deren Outfit hat einen rustikalen Charme.

Ich erreiche Ascou-La Forge. Im Bereich des Dorfes verläuft die Strasse sogar ein gutes Stück auf ebener Strecke. Am Ende dieses lang gezogenen Hochtales wird es dann ernst. An der Talstation des Skigebietes Ascou ist die Strasse wegen der erforderlichen Winterparkplätze breit wie die Startbahn eines internationalen Flughafens. Garniert wird diese Asphaltwüste mit einer 10-prozentigen Steigung und einer mittlerweile schonungslos einheizenden Sonne.

Hier hält ein abenteuerliches Gespann aus Kleinbus und Transportanhänger und spuckt den Rest der mir schon zuvor aufgefallenen Gelegenheitsradler aus. Die hoch motivierten Pedalritter sind aus Tschechien angereist und konzentrieren sich für Ihre Passüberquerung auf den wesentlichen Abschnitt, auf das letzte Serpentinenpaket der Westrampe. Allzu gut ist die Truppe nicht trainiert, aber das scheint niemanden zu stören, die Stimmung ist gut und solange man in Bewegung bleibt, kommt man auch irgendwann oben an.

Rast am Col de Pailheres

Die Steigung ist mit knapp 10 % gerade noch gut zu fahren, die Beine beginnen aber mit zunehmender Höhe auch bei mir lahm zu werden. An einem Quellhorizont direkt neben der Strasse blühen zahlreiche Orchideen in dem kargen Gestein. Die Passhöhe ist eigentlich gar keine richtige Passhöhe, sondern eher ein kleiner Pyrenäengipfel. Kurz vor dem Gipfel wird die Strasse flacher, eine kleine Ansammlung von Ferienhäusern beschert den Bewohnern eine angenehme Sommerfrische und einen prächtigen Ausblick auf die Berge.

Zusammen mit mir erreichen auch meine tschechischen Mitstreiter laut johlend die Passhöhe. Die Freude über die von der Talstation bis hierher erfolgreich absolvierten 500 Höhenmeter ist bei der Truppe groß. Man feiert sich gegenseitig und fotografiert sich immer wiederholend auf den letzten Metern vor dem Gipfel.

Das Wetter ist fantastisch, der Wind erfrischt und die Aussicht ist hervorragend. Für heute habe ich den entscheidenden Teil der Etappe absolviert. Ab hier geht es rund 100 Kilometer nur noch bergab durch das Aude-Tal bis nach Carcassonne. Ich gönne mir daher eine lange Mittagspause und räkele mich in der herrlichen Bergsonne.

Die anschließende Abfahrt über die Ostrampe ist anspruchsvoll. In engen Kehren führt die Strasse steil abwärts, der Asphalt ist noch garniert mit den Anfeuerungsparolen für die Helden der Tour de France. Mit abnehmender Höhe steigt das Backofenklima. In den Dörfern ist jetzt Siesta. Ich erreiche das eng eingeschnittene Tal der oberen Aude. Die Strasse schlängelt sich am Grunde des mit Wald und Felsen garnierten Tales stetig weiter abwärts. Das Aude-Tal um Axat wirkt wie eine Düse für den Nordwind. Orkanartige Böen machen mir bei Temperaturen um die 30°C die Weiterfahrt nicht gerade leicht.

Das Wildwasser der Aude hat sich im Bereich der engen Klamm zu einem Eldorado für Wassersportler entwickelt. Zahlreiche Gummiboote und neoprenbewehrte Schwimmer mit Schwimmbrettern lassen sich durch die Wellen abwärts treiben - eine Mordsgaudi!

Ich erreiche am frühen Nachmittag mein heutiges Etappenziel Quillan. Die Hitze lähmt meine Aktivitäten, und ich ziehe mich auf dem Zeltplatz in den Schatten zurück. Am Abend mache ich einen Rundgang durch das beschauliche Städtchen. Hier findet derzeit ein Folklorefestival statt. Die dargebotene Musik von der Trachtenkapelle ist aber nicht so recht nach meinem Geschmack, und ich beschließe den Abend mit ein paar lauwarmen Bierchen am Zelt.

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