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Dienstag, 11.10.: Sault - Mt. Ventoux - Sault Heute lockt der Berg! Ich bin mir allerdings nicht so sicher, ob es eine gute Idee ist, Mitte Oktober noch auf knapp 2000 Meter Höhe hinaufzufahren. Ich zerstreue meine Zweifel, ein Versuch ist es mir wert. Wenn's zu ungemütlich wird, drehe ich einfach wieder um. Über dem Mt. Ventoux sieht es jetzt am Morgen allerdings alles andere als einladend aus: Dicke Wolkenpakete hüllen den Gipfel vollständig ein, und selbst hier unten ist es ziemlich frisch. Der Weg ist das Ziel! So arbeite ich mich mit gleichmäßigem Tritt die mit 5% eher harmlose Steigung hinauf. Die Felder lasse ich bald hinter mir und ich tauche ein in einen zauberhaften Herbstwald. Je weiter ich durch den Wald hinaufkomme, umso mehr ziehen sich die dicken Wolken vom Gipfel zurück. Überraschenderweise wird das Wetter prächtig. Die farbigen Herbstbäume heben sich kontrastreich vor dem dunkelblauen Himmel ab - eine Farborgie, wie ich sie kaum eindrucksvoller erleben kann. Es gibt nur wenige Autos heute und radeln ist die pure Lust. Im Wald folgen sogar ein paar ebene Kilometer bis zur Abzweigung nach Bedoin. Erst hier ist Schluss mit lustig: vom Chalét Reynard geht es 500 Höhenmeter aufwärts mit stetig zunehmender Steigung. Der letzte Kilometer haut mit 11 % schon ziemlich rein! Aber auch diese Hürde schaffe ich im gleichmäßigen Tritt. Oben am Sender bläst ein heftiger und eisiger Wind. Als erstes wechsele ich die verschwitzten Klamotten gegen wärmeres Equipment. Ich bin doch etwas überrascht, wie viele Radler den Berg der Winde auch so spät im Jahr noch bezwingen. Der "Tour de France-Mythos" ist allgegenwärtig. Ich genieße das erhabene Gefühl, zum dritten Mal hier oben zu stehen und erfreue mich an der Sonne, die ich hier oben allerdings zum ersten Mal sehe. Die Abfahrt lasse ich locker angehen. 30 Kilometer bergab sind jetzt keine wirkliche Herausforderung mehr. Ich genieße den Herbstwald und die Aussichtspunkte. Am frühen Nachmittag bin ich wieder zurück in Sault. Auf der Aussichtsterrasse des Städtchens über der Nesqueniederung genieße ich die letzten Sonnenstrahlen des Tages.
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