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Extremadura und Portugal
Korkeichen, Hitze und einsame Straßen zurück zur 1. Etappe
2. Etappe (Samstag 07.06.2003):
In der Nacht habe ich mein Schlafdefizit ausgeglichen und fühle mich am Morgen prächtig. Da Spanien in der gleichen Zeitzone liegt wie Deutschland, gleichzeitig aber etliche Kilometer weiter im Westen, geht hier die Sonne erst um 8 Uhr Ortszeit auf. Es ist angenehm frisch, was allerdings nicht allzu lange anhält. Die ersten Kilometer durch das schattige Bachtal bis San Nicolas sind landschaftlich und klimatisch wunderbar. Die weitere Strecke bis Guadalcanal verläuft in stetem Auf und Ab, die Sonne beginnt zu beißen. In Guadalcanal kaufe ich noch Proviant, bevor Spanien wieder in der Siesta verschlummert. Von Guadalcanal führt die Strasse ein Stück abwärts. Dort treffe ich auf den Cañada Real, den alten Triftweg für die weiten Wanderungen der Schaf- und Ziegenhirten. Diese Wege durchziehen ganz Spanien. Die Viehherden werden im Frühjahr aus den heißen Ebenen in die Hochlagen der Berge getrieben, wo sie im Sommer genügend Nahrung finden. Zum Winter geht es über dieselben Cañadas wieder zurück in die Ebene. Die Cañadas haben aus ökologischer Sicht eine hohe Bedeutung, denn aufgrund ihrer großen Breite von bis zu 50 m und ihrer überaus extensiven Nutzung haben sich dort Naturparadiese entwickeln können. Diese Cañadas überziehen die iberische Halbinsel wie ein Spinnennetz und leisten so einen hervorragenden Beitrag zur Biotopvernetzung im Land. Es ist Sommer, die Schafe und Ziegen sind längst oben in den Kordilleren und den Pyrenäen. Ich radel mutterseelenallein durch eine archaische Landschaft. Die raue und staubige Schotterpiste führt kurvenreich durch eine wellige Landschaft und wird begleitet von dem Bergrücken der Sierra del Viento. Die Cañada wird gesäumt von niedrigen Sträuchern. Entlang eines ausgetrockneten Bachbettes blüht der rosafarbene Oleander in Massen. Die Landschaft hat gewisse Ähnlichkeit mit den Wüsten im australischen Outback. Ich schiele misstrauisch auf meinen zur Neige gehenden Wasservorrat. Hier ohne Wasser mit einer Panne liegen zu bleiben, könnte unangenehm enden. Nach rund 10 Kilometern erreiche ich wieder die Asphaltpiste. Bis Puebla del Maestre ist es allerdings noch ein gutes Stück, und das hat es in sich! Die kleine Strasse hat achterbahnähnlichen Charakter. Die Sonne brettert mittlerweile wieder gnadenlos, und die kurzen aber bis 14 % knackigen Steigungen fordern ihren Tribut. In Puebla ist dringend Siestamachen angesagt. Das machen die Dorfbewohner schon eine ganze Weile, und ich muss lange suchen, um überhaupt irgendwo Wasser zu bekommen. Um halb sechs traue ich mich wieder aus dem Schatten der Bäume heraus und radel weiter. Ab Puebla haben die EU-Verkehrsplaner wieder ganze Arbeit geleistet. Bis Monesterio führt der Weg über eine dreispurige autobahnähnlich Strasse mit den gewohnten gigantischen Böschungen. Aber Verkehr gibt es hier so gut wie gar nicht! Erst in Monesterio wird es wieder lebhafter. Hier kaufe ich Proviant ein und fahre anschließend über die Nationalstrasse in Richtung Sevilla den Berg hinab. Dort am Fuße der Berge liegt der Campingplatz. Unten angekommen mache ich ein sparsames Gesicht: Der Campingplatz wird gerade umgebaut und ist natürlich geschlossen, bingo! Einmal laut Sch… schreien und dann wieder zurück den langen Berg hinauf. Mangels Alternativen steht wohl heute Wildcampen an. In Monesterio besorge ich Wasser und radel noch ein Stück zum Stausee Embalse de Tentudia. Doch Ruhe und Einsamkeit finde ich hier heute nicht. Es ist Wochenende, das Wasser lockt zahlreiche Spanier zum Angeln, Baden und Feiern. Da die Ausflügler offenbar durch die Siesta gut gerüstet sind, geht die Feierei die ganze Nacht sehr laut und turbulent vonstatten. |