Extremadura und Portugal

Korkeichen, Hitze und einsame Straßen

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17. Etappe (Donnerstag 26.06.2003):
Evora - Valverde - São Brissos - Santiago do Escoural - Sta. Susana - Alácer do Sal - Comporta - Setúbal - Palmela - Outão
(Distanz 145 km, Fahrzeit 8,5 Stunden)

17. Etappe: Evora - Outão

Heute morgen wittere ich Atlantikluft. Noch ahne ich aber nicht, dass dies die längste Etappe meiner Reise werden wird. Die ersten Kilometer hinter Evora sind wenig spektakulär und führen über eine stark befahrene Strasse. Nach wenigen Kilometern zweigt die Nebenstrecke in Richtung Valverde ab. Ab hier wird es spannend: Eine schmale verkehrsarme Strasse verläuft am Südhang eines Hügelrückens durch Korkeichenwälder und Eukalyptusplantagen. Ich komme in dem welligen Gelände zügig voran.

Ab São Christóvão ist es allerdings mit der Gemütlichkeit vorbei, der Verkehr nimmt zu und ich habe gleich Ärger mit einem rücksichtslosen Lastwagenfahrer, der um Haaresbreite an mir vorbeidonnert. Kurze Zeit später in Sta. Susana erkenne ich den dort parkenden Lastwagen wieder. Als der Fahrer erscheint, mache ich meinem Unmut Luft und scheiße ihn ordentlich zusammen. Ob's ihn beeindruckt hat, ist fraglich, aber ich bin meinen Zorn los.

Unterhalb des Stausees erreiche ich die weite Flussniederung. Am Rande dieser Niederung nisten zahlreiche Weißstörche, die in den überfluteten Reisfeldern reichlich Nahrung für ihre Brut finden. Alácer do Sal leuchtet mit seinen weißen Häusern idyllisch in einer Flusskurve. Nach kurzer Rast radele ich weiter.

Die Piste bis Comporta am Atlantik ist ziemlich eintönig. Die Strasse führt zwar durch das Naturreservat des Sado-Mündungstrichters, vom Fluss oder der Niederung ist allerdings kaum etwas wahrnehmbar. Die Strasse führt schnurgerade durch ausgedehnte Küstenkiefernwälder, der Wind bläst heftig frontal von vorne. 30 lange Kilometer kämpfe ich gegen den Wind an und erreiche schließlich am Nachmittag das Nest Comporta.

Meine Vermutung, dass es an der Küste zahlreiche Campingplätze geben wird, bestätigt sich nicht. Der nächste Campingplatz liegt 20 km weiter südlich, und da will ich eigentlich gar nicht hin! Das Örtchen macht eine verschlafenen Eindruck, wenig Infrastruktur, viele Baustellen. Das ist kein Ort, wo man "Hurra" ruft, wenn man ankommt. Nach einer Orientierungspause mit Kaffee und Kuchen entscheide ich nordwärts zu fahren. Über die Halbinsel von Tróia kann ich Setúbal zügig erreichen. Vielleicht gibt's dort Zeltmöglichkeiten. Ich fühle mich auch nach fast 100 Kilometern noch fit und so komme ich auf interessanter Strecke zügig voran.

Alácer do Sal am Rio Sado

Die wenig befahrene Küstenstrasse führt durch Dünenlandschaften, lichte Kiefernwälder und gibt gelegentlich den Blick auf den Atlantik oder den Sado-Mündungstrichter frei. Am Ende der schönen Tróia-Halbinsel liegt das Rundum-Sorglos-Etablissement Tróia, das Urlaubsparadies "all inclusive". Im zweifelhaften Betoncharme der 70er Jahre wurden hier in verdichteter Bauweise Urlaubshochhäuser an den Strand gesetzt. Kein Ort folglich, in dem ein Reiseradler freiwillig länger bleibt als nötig.

Also warte ich auf die nächste Fähre, die mich in einer halbstündigen Überfahrt in die turbulente Hafenstadt Setúbal hinüberbringt. Mein Ziel ist Palmela, die Stadt mit der alten Festung hoch über Setúbal. Die Strasse dorthin ist allerdings übel: viel Verkehr und Abgasgestank dominieren das Geschehen. Die Festung von Palmela selbst liegt hoch oben auf dem Berg, die Aussicht reicht von der Sado-Mündung über die Serra da Arrabida bis hoch nach Lissabon. Nicht schlecht! Ich stelle nur leider fest, dass es entgegen den Angaben in der Michelinkarte in Palmela keinen einzigen Campingplatz gibt. Ich gucke etwas sparsam aus der Wäsche! Das heißt, den Weg zurück nach Setúbal fahren, dort soll es Campingplätze geben.

Zum Glück geht es abwärts deutlich schneller als aufwärts. Ich erreiche Setúbal schnell, muss mich aber wieder durch den starken Feierabendverkehr quälen. Wenn was in die Hose geht, dann auch richtig: der Campingplatz in Setúbal ist nicht mehr in Betrieb, er hat kürzlich dicht gemacht! Mich schockt heute gar nichts mehr, ich radele stoisch weiter gen Westen. Nach wenigen Kilometern und einigen steilen Höhenmetern erreiche ich Outão. Er dortige Campingplatz liegt in der Nähe eines riesigen Zementwerkes und hat den Charme einer Autobahnraststätte. Aber immerhin: Er ist geöffnet! Und für eine Nacht ist er mir gut genug. Alle Plätze sind durch Dauercamper belegt. Irgendwo am Rande auf einem Parkstreifen klopfe ich meine Häringe in den steinharten Untergrund, das Zelt fliegt mir im Wind fast weg. Ein widriger Ort! Eines ist sicher: Morgen bin ich hier wieder weg! Dieser Tag zählte nicht zu den besten der Tour.


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