Extremadura und Portugal

Korkeichen, Hitze und einsame Straßen

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Ruhetag (Donnerstag 03.07.2003):
Lissabon - Sintra - Lissabon

Ausflug: Lissabon - Sintra - Lissabon

Heute ist mein letzter Tag hier, morgen geht's heim. In dieser wunderbaren Stadt habe ich mich nun einige Tage herumgetrieben, heute lockt mich die Stadt Sintra mit ihrem Schloss! Da die Strecke dorthin überwiegend durch die dicht bebauten Vorstädte Lissabons führt, entscheide ich mich mit der S-Bahn zu fahren, per Rad wäre das Vergnügen wohl recht eingeschränkt. Das Ticket kostet 1,25 Euro, nach einer knappen Stunde bin ich in Sintra.

Das Umfeld der Stadt ist auffällig grün. Ein dichter Baumbestand zieht sich oberhalb der Stadt steil den Hang hinauf, dessen Kuppe von einer Maurenfestung gekrönt ist. Das Städtchen selbst stellt mit seinem weißen Stadtschloss und seiner Altstadt ein geschlossenes Ensemble dar und ist von der UNESCO komplett zum Weltkulturerbe erklärt worden. So ein Prädikat zieht natürlich Touristen aus aller Welt an. Meine hohe Erwartungshaltung wird jedoch etwas enttäuscht. Der Stadtpalast ist zur Zeit Großbaustelle, das Riesenhotel "Tivoli" nimmt mit seiner geschmacklosen Betonfassade wenig Rücksicht auf die Architektur des Ensembles. In den Gassen der Stadt wird der übliche überteuerte Souvenir-Müll verscherbelt wie an jedem anderen Agglomerationspunkt für Touristen.

Nachdem ich mir einen schnellen Überblick verschafft habe, hält es mich nicht mehr lange im Ort. Mich lockt der Palast oben auf den Höhen der Serra. Die meisten Besucher lassen sich mit dem Bus dort hinauf karren. Dabei entgeht ihnen der wunderschöne Weg, der sich durch den dichten Waldpark des Palastes steil hinauf schlängelt. Der Park ist wie die gesamte Serra als Naturpark besonders geschützt und genießt darüber hinaus den besonderen Schutz der europäischen Union. Die Serra da Sintra untersteht als so genanntes "Flora-Fauna-Habitat" dem internationalen Schutz. In dem dichten Wald ist es angenehm temperiert. Große Granitblöcke, die mit Farn und Moosen überwuchert sind, deuten auf die feuchten Luftmassen des nahen Atlantiks.

Der Palast in Sintra

Der große Palast auf dem Gipfel des Hügels irritiert mich sehr. Dieses protzhafte Bauwerk hat eine äußerst eigenwillige Architektur. Stilistisch ist der Palast eine Mischung aus dem Schloss Neuschwanstein, Schloss Hohenzollern und Disneyland! Das Bauwerk ist ein buntes Sammelsurium aus mittelalterlichen und arabischen Elementen. Unterschiedliche Bauformen, Materialien und kitschige Farben verwirren mein Auge.

Auch das Interieur des Palastes mit viel Prunk, Protz aber auch Mief können mich nicht wirklich überzeugen. Beeindruckend bleibt für mich zweifellos die exponierte Lage des Palastes in den Wäldern oben auf der Serra. Anerkennenswert ist aber auch der Aufwand, mit dem hier oben diese Anlage errichtet wurde, sie entsprach sicherlich dem damals herrschenden Zeitgeist.

Nachdem ich mich ausgiebig im Kitschpalast umgesehen habe, spaziere ich durch den weitläufigen Waldpark, um zum "Giganten" zu gelangen. Der "Gigant" ist die überlebensgroße Skulptur eines martialischen Ritters, der von einem hohen Granitblock in der Ferne auf den Palast blickt. Dort klettere ich hinauf und habe einen perfekten Ausblick auf den Palast. Unweit des "Giganten" liegt im Waldpark die höchste Erhebung der Serra. Vom dortigen Granitgipfel reicht der Blick weit über den Palast, die Serra da Sintra und den Atlantik bis hinüber nach Lissabon.

Mein Tag in Sintra geht zu Ende. Ich fahre mit S-Bahn und Bus zurück zum Camp. Dort sind am Abend zwei weitere Radler eingetroffen. Mit Christiane und Wolfgang gibt's viel zu erzählen, die beiden sind seit 3½ Jahren mit ihren Rädern unterwegs und haben sich überwiegend in Südamerika herumgetrieben, das ist spannend!


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