Neuseeland und Australien

Radeln am anderen Ende der Welt, oder was sonst alles in die Hose geht…

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Dienstag 16.03.: Tumut - Three Mile Dam

Dienstag 16.03.: Tumut - Three Mile Dam

Am Morgen ist es überraschenderweise kühl. Das ändert sich aber kurz nach meinem Start. Bereits nach wenigen Kilometern habe ich den Fuß der Berge erreicht, und die Strasse windet sich über den ersten kleinen Pass. Hier bin ich wieder fast allein auf der Strasse. Das Blowering Reservoir ist der erste einer Reihe von Stauseen, die in die Berge gebaut wurden, um die grossen Städte Australiens mit dem nötigen Strom aus Wasserenergie zu versorgen.

Die Strasse entlang des Sees sieht aus wie ein Schlachtfeld. Alle paar Meter liegt ein platt gefahrenes Känguruh, der Aasgeruch in der Luft schnürt mir teilweise die Kehle zu. Die armen Geschöpfe kommen in der Nacht aus den Wäldern hinunter zum Wasser und müssen auf dem Weg zum lebensspendenden Nass leider die Strasse überqueren. Obwohl hier nicht viel Verkehr herrscht, reicht es offenbar zu einem Massaker.

Am Ende des Sees passiere ich die Ortschaft Talbingo, dann wird es ernst. Ab hier führt die Strasse zwei Stunden lang stramm bergauf. Das ist eine richtig tolle Bergpiste, eng, kurvenreich, kein Verkehr und reichlich Wald. Während ich schwitzend langsam an Höhe gewinne, hält ein freundlicher Ozzi an und fragt mich, ob alles in Ordnung sei. Ich bin gerührt über soviel Fürsorge und denke verschämt an das nicht immer ganz entspannte Verhältnis zwischen Radlern und Autofahrern in Allemania.

Ein paar Kilometer weiter steht ein Jeep am Strassenrand: vier Männer machen Pinkelpause und gucken verwundert, welcher Verrückte da wohl durch die Berge radelt! Ich werde gleich zu einem kleinen Schwätzchen eingeladen. Die Jungs sind auf dem Weg zum Einkaufen, sie wohnen in Adaminaby und wollen mal eben ins 130 Kilometer entfernte Tumut und wieder zurück. Bei mir zu Hause liegt der Aldi gleich um die Ecke, aber downunder gelten andere Gesetze!

Auf den Höhen der Great Dividing Range

Wir haben eine Menge Spass, die Jungs versorgen mich gleich mit kaltem Bier. Als Wegzehrung haben sie sich eine ganze Kühltasche voller Stubbies, die kleinen handlichen Bierflaschen, mitgenommen. Und ich hatte schon Sorge, dass mein Wasser eventuell knapp werden könnte…

Bestens gelaunt und leicht angeschickert radele ich schließlich weiter, es warten noch ein paar Höhenmeter. Hinter dem Camp Yarangobilly geht es noch mal lange bergauf. Diese Steigungsstrecke ist allerdings zermürbend, da sie über mehrere Kilometer schnurgerade emporsteigt und breit ausgebaut ist. Ich habe das Gefühl, auf der Stelle zu stehen und keinen Schritt voran zu kommen.

Schliesslich erreiche ich in einer Höhe von 1495 Metern die Wasserscheide der Australischen Alpen. Die Szenerie ist allerdings alles andere als alpin. Das Gebirge ist bereits uralt und weitgehend erodiert. Die Berge sind dementsprechend "rundgelutscht" und erscheinen eher als ein weites welliges Hochplateau. Vor ein paar Jahren bin ich hier bereits mit dem Auto durch gerauscht, aber aus der Perspektive des Fahrradsattels erlebe diese einmalige Landschaft vollkommen neu. Ich erkenne kaum etwas wieder und freue mich, dass ich dieses Land auf dem Rad neu entdecke.

Am Abend erreiche ich die ehemaligen Goldgräberfelder von Kiandra. Hier ist heute allerdings nichts übrig geblieben, Zeugen des damaligen Goldrausches sind nicht mehr zu erkennen. In Kiandra verlasse ich den Snowy Mountains Highway, radele noch einige Kilometer teilweise stramm bergauf und erreiche spät das Nationalpark-Camp "Three Mile Dam".

Die Szenerie ist perfekt: das Camp liegt in einem Wäldchen auf einer Halbinsel mitten im See, der Abend verzaubert dieses Kleinod mit einem fantastischen Licht. Im letzten Licht des schwindenden Tages springe ich in den kalten See und wasche mir Schweiss und Dreck vom Leib - herrlich! Heute möchte ich mit niemandem in der Welt tauschen! Es wird allerdings jetzt schnell dunkel und damit in 1500 Metern Höhe auch kalt. Heute gibt's nur heisse Tütensuppe, die ich nach dem kalten Bad aber dringend nötig habe. Der Sternenhimmel ist genial, trotzdem verschwinde ich früh im Zelt, im Schlafsack ist es einfach wärmer…

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