Korsika - Mit dem Rad durch das Gebirge im Meer
Spektakuläre Küste und einsame Bergsträßchen

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8. Etappe (Montag, 08.09.2003): Solenzara - Ghisonaccia - Ghisoni - Col de Sorba - Vivario - Venaco - Corte
(Distanz: 85 km; Fahrzeit: 6,5 Stunden)

8. Etappe: Solenzara - Corte

Es hat in der Nacht etwas geregnet, am Morgen hängen dicke Wolken über dem Meer und den Bergen. Ein vorsichtiger Test signalisiert mir, dass die Luft rein ist, die Mücken haben sich zurückgezogen und bereiten sich im Dickicht auf das nächste abendliche Festmahl vor. Bis dahin muss ich von hier verschwunden sein!

Vom Strand beobachte ich ein Wetterphänomen, dass ich so noch nie zuvor erlebt habe. Dicke Wolkenpakete über dem Meer haben einen gigantischen "Saugrüssel", eine Windhose, bis zum Wasser heruntergeführt. Rund fünf Minuten dauert das Schauspiel, die Windhose verändert beim Aufsaugen des Wassers ihre Gestalt, wird mal dicker mal dünner und löst sich schließlich in Luft auf. Da möchte ich jetzt nicht mit dem Boot rumschippern!

Ich packe meine Sachen zusammen und radele ohne Frühstück los. Über die Route Nationale geht es 17 km nordwärts nach Ghisonaccia. Die Strecke ist echt übel! Hier ist viel Schwerlastverkehr unterwegs. Besonders tückisch sind die Kreuzungsbereiche! Die Mittelstreifen sind aufgemauert, so dass Fahrzeuge beim überholen nicht auf die Gegenfahrbahn ausweichen können. Da gibt's nur ein Hilfsmittel: Stumpf in der Mitte der Fahrbahn radeln, so dass sich niemand vorbeizwängen kann, anderenfalls wird es verdammt eng!

Die Strecke ist eben und ich erreiche Ghisonaccia zum Glück schnell. Hier verlasse ich die Alptraumpiste und fülle erstmal meine Futtervorräte wieder auf. Nach einem üppigen Frühstück geht es wieder zurück in die Berge. Hinter St. Antoine führt die Strasse durch ein enges Tal hinauf nach Ghisoni. Der Abschnitt durch die enge Klamm Défilé de l'Inzencca ist sehr steil, aber wunderschön. Verkehr gibt es hier kaum. Am Ende der Klamm verschwindet die Strasse in einem mehrere hundert Meter langen Tunnel. Der Tunnel hat allerdings keine Kurven, so dass das Licht am Ende sichtbar ist. Dennoch ist eine Beleuchtung am Rad wegen der besseren Erkennbarkeit ratsam.

Der Stausee ist fast leer, die Strasse führt in moderater Steigung weiter das enge Tal aufwärts. Unten am Fluss funkeln zahlreiche Gumpen und laden zum Baden ein. Ghisoni habe ich schnell erreicht. Entgegen meiner Vermutung gibt es hier jedoch keinen Zeltplatz.

Es ist noch früh am Tag, ich fühle mich fit, also beschließe ich, den Col de Sorba in Angriff zu nehmen. 11 Kilometer geht es zunächst durch Edelkastanien, dann durch Kiefernwald aufwärts. Die Steigung ist gut machbar. Weiter oben wabern Nebelbänke um die Passhöhe, und es wird kühler. Ein großer Teil der Ostflanke des Passes ist offenbar einem Feuer mit anschließendem Kahlschlag zum Opfer gefallen. Es sieht gruselig aus. Niedergebrannter Wald am Col de Sorba

Den Col de Sorba mit 1311 m Höhe erreiche ich rund 1,5 Stunden nach meinem Aufbruch aus Ghisoni. Da es hier schon mächtig frisch ist, ziehe ich mir warme Sachen an und fahre auf der Westseite des Passes abwärts. Auch hier prägt das traurige Bild eines großflächig abgefackelten Waldes die Szenerie. Aus früheren Zeiten habe ich diesen Pass noch in guter Erinnerung, einst führten die Serpentinen durch einen wunderschönen alten schattigen Kiefernwald. Jetzt sieht's hier äußerst trostlos aus, es wird Jahrzehnte dauern, diese Wunde wieder zu heilen.

Kurz vor Vivario erreiche ich die Route Nationale und genieße die rauschende Abfahrt. Vor Venaco geht es ein letztes Mal für heute hinauf zum Col de Bellagranajo. Die anschließende Abfahrt hinab nach Corte zählt für mich zu den besten Abfahrten der Insel. Ungebremst geht es in weiten Kurvenradien auf bestem Asphalt in hoher Geschwindigkeit abwärts, der Rausch endet erst mitten in Corte. An der Strasse in die Restonicaschlucht liegt der schöne Campingplatz "U Sognu", auf dem ich absteige.


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