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Sonntag, 15.02. - Dienstag, 17.02: Der Flug Der Tag ist gekommen, an dem ich fliege, 35 Stunden Reisezeit stehen mir bevor, 23 davon eingezwängt in einem Flieger. Keine rosige Perspektive für einen Zwei-Meter-Mann. Der Beginn meiner Reise wartet dann auch mit ein paar kleinen Hürden auf. Das Rad ist gut verpackt in einem großen Pappkarton. Freund Jens holt mich ab, um mich zum Bremer Flughafen zu bringen. Als ich die große Kiste mit dem Rad hochhebe, um sie auf's Autodach zu laden, gucke ich etwas sparsam, als diese sich unten unvermittelt öffnet und das Rad vor mir auf's Pflaster rutscht! Dumm gelaufen! Die Kiste hatte ich wohl oben wunderbar verklebt, aber dem Boden hatte ich leider keine Beachtung geschenkt. Folglich bleibt mir nichts anderes übrig, als das Rad wieder in die Kiste zu stopfen und noch eine Rolle Klebeband zu opfern. Das Rad und ich kommen schließlich heile am Flughafen an. Den Abflugtermin habe ich wohl nicht genau genug verinnerlicht, jedenfalls fliegt meine Maschine eine halbe Stunde früher als gedacht. Nun wird's auch höchste Zeit. Ich verabschiede mich von Jens und checke als einer der letzten Passagiere ein. Ich winke kurz meinem Rad hinterher, das in dem Loch für Sperrgepäck verschwindet und hoffe, dass ich es in Auckland heile wiedersehe. Kurz bevor ich den Flieger besteige, befreie ich meine Taschen von überflüssigem Papierballast. Bei der Kontrolle stelle ich fest, dass mein Bord-Pass offenbar auch im Papierkorb gelandet sein muss. Das fängt ja gut an! Ich durchwühle den Papierkorb, finde den Pass zum Glück wieder und freue mich, doch noch rechtzeitig an Bord gekommen zu sein. Das waren dann auch schon die spannendsten Momente meines elendig langen Fluges. Der Frankfurter Flughafen ist nach wie vor so unübersichtlich wie eh und je und wirkt auf mich eher wie eine in die Jahre gekommene U-Bahn-Station als eine "Drehscheibe" Europas. Drei Stunden Orientierungslauf durch Tunnel und lange Gänge, ein bisschen Däumchen drehen, dann geht's endlich weiter mit einem Jumbo von Asiana Airlines. Die Sitzabstände sind ausgerichtet an den Abmessungen asiatischer Zwerge, ich als langnasiger Riese fühle mich wie in einer Sardinenbüchse. Der Flug geht kurioserweise sehr weit nördlich über das Baltikum, Moskau, Nowosibirsk, Irkutsk, die Mongolei, Peking, das Gelbe Meer nach Seoul in Südkorea. Als wir die Mongolei überqueren, geht gerade die Sonne auf. Ich blicke auf eine schneebedeckte archaische Landschaft. Die Berge werden durch die noch tief stehende Sonne plastisch aus der Landschaft heraus modelliert. Die Flüsse mäandrieren wild und ungezähmt. Spuren menschlicher Zivilisation sind rar. Dort hat sich vermutlich seit Marco Polo's Zeiten nicht allzu viel verändert. Ob man da unten wohl mit dem Rad reisen kann? Die Lösung dieser Frage verschiebe ich auf spätere Zeiten, nun steht erst mal das "Land der großen weißen Wolke" auf meinem Programm. Ich erreiche nach 11 Stunden Flugzeit Incheon, den auf einer Halbinsel gelegenen nagelneuen Flughafen vor den Toren der Millionenmetropole Seoul. Sieben Stunden Aufenthalt, dann soll's weitergehen, noch mal 11 weitere Stunden in einer Sardinenbüchse. Der futuristisch anmutende Flughafen gefällt mir. Eine gewagte Stahl-/Glaskonstruktion mit viel Licht, großzügigem Platz und tollen Aussichtsmöglichkeiten auf Start- und Landebahn. Nachdem ich mir die Beine vertreten und meinen Kreislauf wieder etwas in Schwung gebracht habe, suche ich mir eine ruhige Ecke, stelle meinen Wecker und schlafe. Das klappt wider Erwarten ganz gut, so dass ich recht ausgeruht den letzten Teil des langen Fluges antreten kann. Zum Glück wird auf dem Flug nach Auckland eine moderne Boeing 777 eingesetzt. Die Sitze sind etwas großzügiger dimensioniert. Wenig aufschlussreich ist allerdings die eingeblendete Karte, auf der der Flugverlauf dargestellt wird. Wir überqueren den pazifischen Ozean, die Karte zeigt demzufolge nur blaues Meer und mittendrin das kleine Flugzeugsymbol. Elf lange Stunden später nähern wir uns Auckland. Dichte Wolkenpakete lassen nur gelegentliche Durchblicke auf die vielen Inseln des Hauraki Golfes zu. Ziemlich übermüdet nehme ich mein Gepäck in Empfang, die Pappkiste meines Rades sieht nicht mehr ganz so elegant aus wie zu Beginn der Reise. Die Sicherheitskontrollen bei der Einreise sind heftig. Aus Furcht vor eingeschleppten Schädlingen oder Krankheiten wird alles genauestens untersucht. Schuhsohlen, Zeltheringe und Gewürzdöschen sind verdächtig. Mein Rad muß ich auspacken, es könnte kontaminierter Lehm im Profil der Reifen kleben. Dabei stelle ich bedauerlicherweise fest, dass der Vorderradgepäckträger mehrfach gebrochen ist, sehr ärgerlich! Ich möchte besser nicht wissen, wie die Grobmotoriker vom Ladepersonal mit dem Gepäck umgehen. Für eine spätere Reklamation lasse ich mir den Schaden vorsichtshalber schriftlich bestätigen. Dann rufe ich Brian an von der Skyway-Lodge, eine halbe Stunde später holt er mich mit seinem Kleinbus ab, das Rad passt hinten rein. Nach vielen Stunden habe ich endlich mein Reiseziel erreicht. Ich habe Hunger und besorge mir im Laden nebenan erst mal etwas zu futtern. Das Wetter ist gar nicht so schlecht. Es ist sehr windig, aber warm dabei, ab und zu geht ein Regenschauer nieder. Was ich jetzt noch nicht weiss, ist die Tatsache, dass zeitgleich ein paar hundert Kilometer südlich "Land unter" angesagt ist. Verheerende Niederschläge haben weite Teile an der Westküste überschwemmt! In Auckland bleibt es zum Glück bei reichlich Wolken und einigen Regenschauern. Am Nachmittag packe ich mein Rad aus und montiere alles zusammen. Schließlich falle ich übermüdet ins Bett! Durch die Zeitverschiebung ist mein gesamter Biorhythmus durcheinander geraten. Abends wache ich wieder auf und bin fit! In der Skyway-Lodge herrscht eine entspannte Atmosphäre. Der Laden ist gut organisiert und sauber, Brian und Gwen wissen, was Radler brauchen.
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